KLAUS VON WELT

Meine erste Karre

Wenn es unter euch Leute gibt die gerne mal ein wenig lesen, möchte ich euch die Story von meinem ersten Auto natürlich nicht vorenthalten. Viel Spaß...



Nachdem mein guter Kumpel "Örs" und ich in Brisbane gelandet sind und unsere lezten paar hundert Euro Ersparnis nach wenigen Tagen für Bier, Billard und Burger draufgingen, war es an der Zeit Arbeit zu finden. Unser Plan: einen Van kaufen, durchs Land cruisen, die Schönheit der Natur genießen, skaten und einfach eine gute Zeit zu verbringen! Von unseren letzten 200 Dollars kauften wir ein Zugticket in ein 1500km entferntes Kaff mitten im Djungel, wo wir auf einer Bananenfarm einen Job zwischen Spinnen und Schlangen angeboten bekamen. Gesagt, getan. Am nächsten Tag saßen wir verkatert vom Vorabend im Zug und cruisten gute 36 Stunden ununterbrochen mit geschätzten 30kmh durch endlose Weiten, grüne Wiesen und Sumpfgebiete die aussahen als seien sie Kulisse für den nächsten A-Klasse Horrorstreifen. Wir verbrachten unsere Zeit mit pokern, Bier trinken und aus dem Fenster starren. Diese lange Zugfahrt fühlte sich verdammt gut an. Auf der Bananenfarm angekommen wurden wir mit 30 anderen stinkenden Backpackern aus der ganzenWelt in ein riesigen Schlafsaal einquatiert. Den Geruch, die Lautstärke und die Hitze möchte ich nicht weiter beschreiben. Aber egal, wir hatten einen Job und unser Ziel vom eigenen Auto in dem wir pennen konnten rückte immer näher. Nach ca. 5 Wochen harter Schinderei, vielen nächtlichen Trinkgelagen und um einige schöne und weniger schöne Erfahrungen reicher hatten wir es tatsächlich geschafft! 3000 Dollars und ein Busticket in die nächste größere Stadt konnten wir unser eigen nennen.
Der Horrortrip „eigene Karre“ begann.
Euphorisch, jung und dumm wie wir waren stöberten wir ein paar Verkaufsanzeigen in einem Hostel durch und sahen einen Aushang für einen Mitsubishi-Bus für schlappe 2000 Dollars! „Easy“ dachten wir und kauften am nächsten Tag die Karre ohne jegliche Unterlagen und ohne es uns richtig angeschaut zu haben! Es fuhr und man konnte hinten drin locker zu zweit pennen! Die Karre sah aus, als ob ein besoffener Hippie auf LSD seiner Kreativität freien Lauf gelassen hatte! Überall waren Stofffetzen auf den Lack geklebt, dazu noch bunte Peacezeichen die aussahen als ob der Typ sie blind draufgesprüht hatte! Aber auch egal- wir hatten einen Traum und nun konnte er gelebt werden! Noch 1000 Dollars auf Tasche sollten uns reichen um erstmal schön ein paar Wochen durchs Land zu heizen und einfach frei zu sein! So war es auch die ersten paar Tage. Wir fuhren zu einsamen Stränden, wilden Wasserfällen und pennten da wo uns die Straße hintrug! Wir hatten eine verdammt gute Zeit, rauchten viel Gras und tranken noch mehr Bier und billigsten Goon. Nach einigen Tagen allerdings wachten wir morgens an einem Flusslauf auf und bemerkten das wir von Kopf bis Fuß von irgendwelchen Viechern zerstochen wurden. Es waren aber keine normalen Stiche, es waren Monsterstiche, teilweise zentimetergroß und angeschwollen wie Bienenstiche. Die Stiche raubten uns unsere lezten Nerven. Sie juckten so dermaßen abartig das wir unsere Haut blutig kratzten und nicht mehr klar denken konnten! Wir weinten aus Verzweiflung. Es konnte nur daran liegen, das wir nachts die Fenster aufgelassen hatten und uns irgendwelche heftigen Mosquitos zerstochen haben. So unsere Vermutung! Also Zähne zusammenbeissen, Juckreiz mit viel Gras und Fingernägeln bekämpfen, die Fenster kommende Nacht geschlossen halten und einfach an das Beste glauben! Doch am nächsten morgen war es noch viel schlimmer. Wir waren kommplett zerstochen, keine Stelle unserer Haut hatte keinen Stich bzw Biss! Örs hatte sogar ein paar Stiche auf seinen Eiern. Wir fragten uns wie das sein kann und untersuchten unser Auto genauer! Wir nahmen den Stoff von den Sitzen und konnten es nicht fassen was wir dort sahen. Tausende kleine Wanzen, Schaben und Sandfliegen. Überall. Millionen. Im ganzen Auto. Versteckt In jeder verdammten Ecke. Die Schaben waren harmlos. Die Wanzen waren Bedbugs – kleine Käfer, die sich in Ritzen und Ecken einnisten und in der Nacht rauskriechen um dir im Schlaf dein Blut auszusaugen und riesige Straßen von Stichen auf deiner Haut hinterlassen. Aber das schlimmste überhaupt waren die Sandfliegen. Millimeter große Fliegen die auf deine Haut pissen und einen Juckreiz erzeugen das du dich am liebsten umbringen willst! Das einzige was dagegen hilft, ist sich die Haut aufzukratzen oder wie mir mal ein alter Australier erzählt hat: kochendes Wasser über die betroffenen Hautstellen gießen! Naja, das wollte ich mir auch nicht antun und so habe ich heute noch viele kleine Narben von meinen Kratzattacken. Wir mussten diese Viecher beseitigen, doch es war Wochenende und es gab keinen Kammerjäger mehr der für uns Zeit hatte! So hieß es die nächsten zwei Tage ausharren und schön vorm Auto schlafen. Nach 2 langen Nächten irgendwo auf irgendwelchen schäbigen Parkplätzen fast ohne Schlaf und ununterbrochenem Juckreiz hatten wir das Wochenende überstanden und konnten endlich zum Kammerjäger! Er erzählte uns, das wir alles was aus Stoff besteht aus dem Auto rausreißen müssen, ansonsten könnte er nicht mit der Behandlung beginnen. So fuhren wir in ein abgelegenes Hafengebiet und entfernten alles was aus Stoff war. Den Bezug von den Sitzen, die Teppiche die auf unser Bettgestell genagelt waren, die Gardinen an den Fenstern. Einfach alles. Das war keine witzige Prozedur da uns während der ganzen Rausreißaktion natürlich die ganzen Viecher wieder anfielen und uns noch mehr zerstachen. Doch nach ein paar Stunden Arbeit hatten wir es geschafft. Alles war raus und wir fuhren ein wenig besser gelaunt zum Kammerjäger und redeten uns ein, das dieser ganze Alptraum bald ein Ende haben wird! Zwei Tage und 300 Dollar sollte uns die Behandlung des Autos kosten. Wir nisteten uns in ein schäbiges, billiges Hostel ein und warteten die Zeit ab. Nunja, abwarten konnte man nicht wirklich sagen weil wir in den zwei Tagen unsere sämtlichen Klamotten inklusive Schlafsack und Isomatte heiß waschen und somit kontaminieren mussten. Der Kammerjäger meinte das die Viecher sich überall einnisten würden und die Eier nur duch eine über 80 Grad heisse Wäsche beseitigt werden können. Nach zwei Tagen hatten wir es geschaft, unsere Karre war wieder clean und wir jubellten und schrien vor Freude als wir aus der Einfahrt des Kammerjägers rausfuhren. Voller Tatendrang und mit positiver Einstellung blickten wir auf unsere Zukunft! Zwar hatten wir wieder einmal nicht mehr viel Cash übrig aber ein viecherfreies Auto war uns wichtiger. Wir waren wieder motiviert neue Arbeit zu finden und dann endlich richtig durchs Land zu cruisen. Ohne Sorgen. Ohne Stiche. Mit unserem lezten Geld kauften wir direkt am gleichen Tag noch Teppich für unser Bettgestell, das eigentlich nur eine Holzplatte auf ein paar Pfosten war. Für neue Matratzen hatten wir keine Kohle, die alten mussten wir ja entsorgen. Wir montierten unseren schönen Schlafteppich auf unser Gestell und fuhren fröhlich ein wenig durch die Stadt. Doch das Pech sollte uns nicht verlassen. Noch am gleichen Tag standen wir gegen frühen Nachmittag mitten auf einer belebten Straße und hielten an einer roten Ampel. Örs rauchte wie immer seine geliebten Zigaretten und wir hörten Phil Collins, die einzige Kassete die wir besaßen. Wir kannten jeden Track auswendig und feierten ihn hart. Vor und hinter uns standen andere Autos. Wir sahen von weiten einen ziemlich betrunkenen Typen auf uns zukommen! Groß und breit wie ein Bär, überall Knast-Tattos und Narben. Richtig angsteinflößend. Wir kurbelten schnell die Scheiben hoch und hofften das die Ampel schnell auf grün schaltet. Schaltete sie aber nicht. Der Typ fing an gegen das Beifahrerfenster von Örs zu schlagen. Mit voller Kraft. Mit der Faust! Wir fingen an Panik zu bekommen aber konnten nicht nach vorne und hinten fahren! Erster schlag: Pow, zweiter Schlag: Pow, dritter Schlag: Bäääm!!!  Das Fenster zerbrach, überall flogen Glassplitter durchs Auto, Örs fing an zu schreien, der Typ fing auch an zu brüllen. Seine Faust blutete. Es wurde grün und ich heizte mit quitschenden Reifen davon! Wir hatten einen mächtigen Schock. Was war da los? Wieso hat er das gemacht? Scheiße unser Fenster! Der verrückte Typ rannte uns noch eine Weile auf der Straße hinterher und schrie irgendeinen besoffenen Scheiß auf English. Wir riefen die Bullen und verfolgten mit sicherem Abstand den Typen, der uns natürlich bemerkte und ab und zu mal wieder auf uns zugerannt kam! Wir sind dann immer rückwärts vor ihm abgehauen bis ihm die Luft ausging und er wieder umdrehte. Hört sich jetzt bestimmt witzig an, war es irgendwie auch, doch in dem Moment eigentlich nicht! Die Bullen kamen nach einer Stunde und konnten natürlich nichts machen! Bastarde! Wir fragten uns was wir nun tun können. In der Stadt konnten wir nicht bleiben mit eingeschlagener Scheibe und ohne Cash in der Tasche. Wir tranken ein Bier am Straßenrand und beschlossen mit dem letzten Benzin und dem letzten Cash ein wenig ins Landesinnere zu fahren um uns einen Job auf einer Farm zu suchen, wieder Geld zu sparen, die Scheibe zu reparieren und endlich, endlich davonzucruisen. Nach soviel Pech mit dem Auto mussten wir doch irgendwann mal Glück haben! Wir klauten noch ein paar Billigspraydosen im Baumarkt und sprühten die Karre komplett Schwarz an. Das muss es gewesen sein, dieser gelbe Lack mit all den Stofffetzen und den bekackten Peacezeichen! Wir übersprühten den Fluch der auf der Karre lag und fuhren mit neuer Hoffnung ins Landesinnere.
Wir hatten Glück und fanden in einem kleinen Redneck-Hillbillykaff nach wenigen Tagen einen Job auf einer Basilikum-Farm. Die Arbeit war lang und hart, doch wir bekamen ein eigenes Haus vom Farmer gestellt, indem wir mit ein paar anderen jungen Leuten die dort auch arbeiteten, lebten. Wir hatten eine gute Zeit, die Landschaft war atemberaubend, das Haus war schön und wir verdienten einigermaßen gutes Geld! Neue Hoffnung und Vorfreude auf eine schöne Reise entfachte wieder in unseren Gedanken. Doch es sollte anders kommen. Als wir eines morgens in das nächst gelegene Kaff fahren wollten um ein bischen Nahrung und Bier zu kaufen sprang unsere Karre nicht mehr an. Der Motor qualmte und machte verdammt komische Geräusche. Wir checkten alles ab was wir mit unserem sehr begrenzten Wissen abchecken konnten und stellten lediglich fest, dass das Kühlwasser leer war! Wir füllten Wasser nach. Das Auto sprang nach 10 Minuten wieder an. Allerdings konnte man plötzlich nur noch im ersten bis dritten Gang fahren. Der Rückwärtsgang war auch im Arsch. Das wars, nun war alles verkackt. Der Traum war aus. Ich fuhr zur nächsten Werkstatt um mir anhören zu müssen, das die kommplette Gearbox zerstört sei und wir da unter 3000 Dollar Reparaturkosten nicht mehr rauskommen. Die Stimmung war schlecht, soviel Pech kann man mit seinem ersten Auto auf einem anderen Kontinent doch nicht haben! Es war aber so und wir mussten uns mit der Situation abfinden. So beschlossen wir 2 Monate länger auf der Farm zu arbeiten, viel Geld zu sparen und zu schauen wie weit wir mit unserem Black Beast (so hatte es der Farmer getauft) noch kommen. So fuhren wir 2 Monate immer schön mit maximal 60 kmh im ersten bis dritten Gang, mussten jede Stunde das Kühlwasser nachfüllen und die rausgeschlagene Scheibe mit Pappe abkleben wenn wir mal in einen Supermarkt gegangen sind! Wenn wir es, wie so oft, mal wieder verplant hatten und vorwärts in eine Parklücke eingepark sind, mussten wir es immer rückwärts wieder rausschieben! Jetzt wo ich im Nachhinein darüber nachdenke war es echt witzig, doch in den Momenten hat es echt genervt! Wir wollten doch nur durchs Land fahren, anhalten wo es uns gefällt und das schöne Gefühl der Freiheit und Mobilität genießen. Das war alles was wir wollten. Nur mit diesem Auto und in diesen ersten Monaten sollte es einfach nicht so sein. Ich habe es dann allerdings noch geschafft. Nach 2 monatiger harter Feldarbeit,einer Menge billiger Erdnussbuttertoasts und Goon bis zum Erbrechen hatte ich genug Geld für ein neues Auto zusammen. Örs hatte genug von allem, die Liebe zu seiner Freundin und das ganze Pech trieb in zurück nach Deutschland. Doch er hatte sich noch eine letzte finale Challenge gestellt: mit dem Blackbeast ins 1700 km entfernte Brisbane zu fahren wo sein Rückflug nach Frankfurt ging! Schön im dritten Gang, ohne Kühlwasser, mit kaputter Gangschaltung und mit Reifen aus denen schon die weißen Fasern kamen weil das Profil so runter und abgenutzt war. Er hat es nach einer Woche Fahrt aber wirklich noch geschaft. Nebenbei wurde er noch überfallen- aber das ist eine andere Geschichte. Mit meinem neuen Auto hatte ich dann mehr Glück und kam noch dazu tausende Kilometer durchs Land zu fahren und meinen Traum zu leben ! Aber ich sags euch- meine erste Karre war der letzte SCHUND!

Leider gibt es fast keine Fotos mehr von der Zeit weil mir alle meine Daten verloren gegangen sind.
Ein paar "Beweisfotos" konnte ich allerdings noch retten.

Bananenfarmarbeiter

Black Beast

Stiche Örs

Stiche ich

Rausreißaktion - man beachte das Schild

wieder happy und Juckfrei